Networking in China – Teil 1: Kulturelle Aspekte

Networking in China – Teil 1: Kulturelle Aspekte

Herzlich Willkommen zu meinem Blog über die do’s und don’ts des Networkings in China!
Diese Tipps sind nur für Praktikanten und Geschäftsleute gedacht, die für eine Firma in China „networken“ wollen und richtet sich nicht an Menschen, die versuchen eine Anstellung zu finden.

Zu allererst muss man einmal den Begriff des sog. „Networkings“ verstehen. Das Wort kommt aus dem Englischen und bedeutet soviel wie sich selbst mit anderen vernetzen, um dabei ein Gewebe an Beziehungen aufzubauen, die eines Tages einmal von gegenseitigem (oder auch einseitigem) Nutzen sind.

Networking in China und Networking in Europa sind eigentlich sehr ähnlich, doch der Teufel liegt bekanntlich im Detail. Deshalb gibt es nicht nur einen, sondern ganze zwei Blogs von mir zu diesem Thema.

Der erste Teil behandelt die kulturelle Seite des Networkings. In Teil 2 folgen die wichtigsten Tipps, um das Beste aus einem Networking Event herauszuholen.

Guanxi

Guanxi (关系) ist ein Wort, welches man vielleicht schon einmal hier und da aufgeschnappt hat, aber von dem man nie die wahre Bedeutung richtig verstanden hat. Es ist ein wenig mit „eine Hand wäscht die andere“ vergleichbar, aber weniger negativ belastet und man bekommt bzw. gibt selten sofort etwas für seine Hilfe zurück. Manchmal ist es auch nur eine Einbahnstraße und der Eine bekommt nichts zurück, während der Andere ständig am helfen ist. Des Weiteren ist guanxi im Gegensatz zur westlichen Welt einfach ständig und überall in ganz China zu finden. Ohne Kontakte ist es um ein Vielfaches schwerer in China zurechtzukommen, und damit meine ich nicht einfach ein wenig mehr auf eigene Faust recherchieren, sondern man muss sich wirklich durchbeißen und eine Menge Geduld aufbringen.

Bei uns machen Kontakte das Leben einfacher, in China macht es das Leben wiederum um ein Vielfaches schwerer, wenn man keine Kontakte hat.

Die Bedeutung von guanxi geht in China auch wesentlich tiefer und ist um Längen essenzieller als „eine Hand wäscht die andere“ bei uns.

InternChina - Netzwerk an Kontakten (Quelle)
InternChina – Netzwerk an Kontakten (Quelle)

Mianzi

Mianzi (面子) ist der Begriff, der „Gesicht-geben“ sowie alles was damit zu tun hat mitbeschreibt. Das wichtigste Ziel eines jeden Chinesens ist es nicht das „Gesicht zu verlieren“. Das Zweitwichtigste Ziel ist „Gesicht zu bekommen“.

Wenn ihr also gerade am networken seid und euer Gegenüber euch zum Abendessen einlädt, ihr aber keine Zeit und noch weniger Lust dazu habt, dann solltet ihr auf gar keinen Fall ganz direkt „nein“ sagen, denn das führt dazu, dass er sein Gesicht vor euch verliert. Besser ist es eine Floskel à la „Das wäre toll. Ich schaue in meinem Terminkalender nach und sage dir dann Bescheid“ anzuwenden. Euer Gesprächspartner weiß dann schon Bescheid, ohne von euch bloßgestellt zu werden.

InternChina - Mianzi
InternChina – Mianzi (Quelle)

Chinesische Visitenkartenetikette

Visitenkarten sind etwas sehr Spezielles in China. Jeder, egal wie unwichtig die Person innerhalb der Firma ist, hat seine eigene. Man zeigt damit mianzi und gibt mianzi. Deshalb gibt es auch bestimmte Regeln während der Visitenkartenübergabe:

  • Gebt und nehmt Visitenkarten immer mit zwei Händen entgegen, die Daumen sind dabei in den jeweiligen Ecken der Karte
  • Das Geschriebene zeigt dabei zu dem, der die Karte erhalten soll
  • Sobald ihr eine Karte erhalten habt, lest sie kurz durch oder tut zumindest so und zeigt Interesse. Ihr wollt ja schließlich auch, dass der Andere weiß, was auf eurer eigenen steht.
  • Steckt die Karte nicht gleich in eure Tasche oder euer Portemonnaie und erst recht nicht in eure Hosentasche (ihr sitzt dann auf seinem „Gesicht“). Legt sie vor euch auf den Tisch, wenn ihr gerade sitzt, damit zeigt ihr wieder Respekt. Geht das nicht, tut’s auch eure Anzug- bzw. Kostümtasche. Geht das auch nicht, dann eure Hemd- bzw. Blusentasche. Geht das ebenfalls nicht, geht es eben nicht und ihr verursacht, dass euer Gegenüber sein Gesicht vor euch verliert.
  • Bonustipp: Es ist wirklich von Vorteil euren chinesischen Namen auf der Visitenkarte zu haben. Habt ihr keinen, dann denkt euch einen aus. Es gibt nichts unangenehmeres als zu sehen, wie ein Chinese versucht euren ausländischen Namen auszusprechen und dabei sein Gesicht verliert. Mein vietnamesischer Name ist Thị Hồng Nhung Trần, also weder annähernd englisch, noch chinesisch. Und während es bei uns weniger schlimm ist, wenn jemand meinen Namen nicht richtig aussprechen kann und ich es bereits gewohnt bin und für mich selbst daher auch nicht weiter schlimm ist, ist es doch sehr peinlich für den Chinesen. Dieser denkt dann, dass er bei euch einen Gesichtsverlust verursacht, was wiederum einen Gesichtsverlust für ihn bedeutet, was er ja tunlichst vermeiden will. Es ist kompliziert. Schreibt einfach euren chinesischen Namen drauf.
InternChina - Visitenkarte
InternChina – Visitenkarte

Namen

Mein chinesischer Name ist Chen Niuniu (陈妞妞). Mein Nachname Trần wird ähnlich ausgesprochen und Niuniu klingt ein bisschen wie Nhung und ist außerdem süß. Die meisten suchen entweder nach Zeichen, die ähnlich klingen, etwas ähnliches bedeuten oder Zeichen, die einfach etwas bedeuten, was einem gefällt. Ihr müsst euch auch nicht wegen des Namens zu sehr verkrampfen. Ich habe meinen 3 Mal geändert.

Eigenen Namen ausdenken

Wenn ihr euch nun euren eigenen Namen ausdenkt, müsst ihr folgendes beachten:

  • Der Nachname kommt dabei vor den Vornamen
  • Er sollte entweder aus 2 oder 3 Silben bestehen. Dazu nehmt z.B. die Anfangssilben eures echten Namens
  • Euer Name kann aber auch nur aus eurem Vor- oder nur eurem Nachnamen bestehen. A-Mi-Er (啊米儿) für „Amir“ Mustermann oder Li-Gen (里根) für Max „Reagan“

Anrede

  • Wenn ihr jemanden ansprecht, dann immer mit dem vollen Namen und niemals nur dem Vornamen, auch wenn ihr noch so gut befreundet seid. Es ist einfach unvollständig und ergibt auf chinesisch keinen Sinn.
  • Ihr könnt jemanden jedoch mit seinem Titel ansprechen. Wenn jemand z.B. Sun Yuji (孙玉洁) heißt, dann wäre das Frau Sun oder auch Sun Jingli (Sun Manager).
  • Ihr könnt sie auch als Lao Sun bzw. Xiao Sun ansprechen. Lao bedeutet in dem Fall älter/eng. Senior und Xiao soviel wie jünger/eng. Junior. Altershierarchie ist sehr wichtig in China. Die Älteren werden respektiert und um die Jüngeren wird sich gekümmert.
  • Des Weiteren kann man weibliche Namen oftmals schwer von männlichen unterscheiden, weshalb man sie besonders häufig mit einer Anrede versieht:
    • Furen (夫人) = Ehefrau
    • Nüshi (女士) = Dame
    • Xiaojie (小姐) = Fräulein
    • Meinü (美女) = hübsches Mädchen (Das ist in China nicht als Anmache zu verstehen, sondern nett und freundlich gemeint, sollte jedoch nicht in einem geschäftlichen Zusammenhang verwendet werden)

Persönliche Fragen

Wenn ihr mit einem Chinesen ein Gespräch angefangen habt, seid nicht überrascht, wenn ihr schnell Fragen bekommt, die bei uns als zu persönlich eingestuft werden, wie in etwa „Wieviel verdienst du denn?“, „Bist du verheiratet und hast Kinder?“, „Was denkst du über die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel?“, „Hast du ein Sparbuch bei der Bank, wenn ja wieviel ist darauf?“, „Magst du die Spice Girls?“ und so weiter und so fort…

Das ist in China vollkommen normal und hat nichts mit Unverschämtheit oder der Gleichen zu tun. Antwortet einfach ehrlich oder leitet die Frage um, indem ihr direkt zurückfragt und anschließend vom Thema ablenkt. Auf keinen Fall aber sollte man sich angegriffen fühlen und direkt „nein, das beantworte ich nicht“ sagen, denn das – ihr ahnt es schon – würde einen Gesichtsverlust bei eurem Gegenüber verursachen.

InternChina - Persönliche Fragen
InternChina – Persönliche Fragen

Jetzt kennt ihr also die groben Grundlagen im Umgang mit Chinesen wenn es ums Geschäft geht. Im zweiten Teil erzähle ich euch die wichtigsten Tipps und Tricks um das Beste aus einem Business Meeting herauszuholen!

 

Um euer erlerntes Wissen über Networking direkt anzuwenden, bewerbt euch hier bei InternChina um ein Praktikum!